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Impulse zur partizipativen Schulentwicklung

Warum Schule partizipativ entwickeln? 

Die Anforderungen an Schule in einer hochkomplexen Welt sind heute immens gestiegen. Gewohnte Arbeitsstrukturen und Abteilungsdenken reichen häufig nicht aus, um flexibel und qualitätsvoll auf wechselnde Anforderungen zu reagieren. Dabei ist von großer Bedeutung, dass Schule sich zu einer lernenden Organisation weiterentwickelt, in der Verantwortungen und Verantwortlichkeiten geteilt gedacht werden. Alle am Schulleben beteiligten Akteure dazu aufgefordert, auf Herausforderungen zu reagieren und sich ihrer anzunehmen.

Zukunftsorientierte Schulentwicklung sollte zum Ziel haben, ihre Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die Zukunft wertebasiert, demokratisch und verantwortlich gestalten zu können. Dies kann nur gelingen, wenn das System selbst wertebasiert, demokratisch und verantwortlich handelt.

Schulentwicklung partizipativ gestalten

Orientierung für den Schulentwicklungsprozess: Referenzdokumente

Die Zieldimensionen guter Schulentwicklung werden in Nordrhein-Westfalen im Referenzrahmen Schulqualität dargelegt. Eine partizipative Gestaltung der Schulentwicklungsprozesse kann zu einer nachhaltigen Erreichung dieser Zieldimensionen einen wesentlichen Beitrag leisten.
In zahlreichen Inhaltsbereichen und Dimensionen des Referenzrahmens Schulqualität finden sich direkt oder indirekt Bezugspunkte zur Demokratiebildung. An dieser Stelle sei insbesondere auf die Inhaltsbereiche „Schulkultur‟ (Inhaltsbereich 3) sowie „Führung und Management‟ (Inhaltsbereich 5) verwiesen. So heißt es in Dimension 3.3 „Die Schule verfügt über eine demokratische Gestaltungs-, Diskussions- und Streitkultur.‟
Ferner wird betont, dass die Prozesse zur Erreichung entsprechender Schulentwicklungsziele „nach den Prinzipien von Partizipation, Delegation und Transparenz gesteuert‟ (Dimension 5.2) werden.
Die zu jeder Dimension des Referenzrahmens vorhandenen Arbeitsmaterialien und Reflexionsbögen können wertvolle Unterstützung für die Erhebung des Ist-Zustandes sowie die Gestaltung des Schulentwicklungsprozesses bieten.

Auch die zuletzt 2018 aktualisierte KMK-Empfehlung „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule‟ enthält Zieldimensionen und Qualitätsaussagen für Schulentwicklungsprozesse im Bereich Demokratiebildung.

Die 2024 veröffentlichte Stellungnahme der Ständigen wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz zur Demokratiebildung bietet „Ansätze zur Verankerung von Demokratiebildung als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip‟ (vgl. Kapitel 3.4) sowie „Ansätze und Konzepte für eine demokratische Schulentwicklung‟ (vgl. Kapitel 3.5).

Orientierung für den Schulentwicklungsprozess: Handlungsfelder der Demokratiebildung

Um Schülerinnen und Schüler möglichst kontinuierlich Demokratie- und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu ermöglichen, erscheint eine Strukturierung des zugrundeliegenden Schulentwicklungsprozesses nach drei zentralen Handlungsfeldern sinnvoll.

Die Handlungsfelder Unterricht, Schulleben und außerschulische Kooperationen sollten im Rahmen eines Demokratiebildungskonzepts systematisch ineinandergreifen, um den Lernenden kontinuierliche Demokratie- und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu ermöglichen.

Demokratiebildung ist eine Querschnittsaufgabe und damit Aufgabe aller Fächer und Kolleginnen und Kollegen. Im Handlungsfeld Unterricht kann diese Aufgabe einerseits auf inhaltlicher, andererseits auf didaktisch-methodischer Ebene angegangen werden (s. Abschnitt „Impulse für partizipativen Unterricht“).

Die hier zu den Handlungsfeldern genannten Umsetzungsideen verstehen sich keineswegs als abschließende Liste, sondern bieten eine erste Orientierung für mögliche Schulentwicklungsvorhaben in den jeweiligen Handlungsfeldern.

Um diese Bausteine eines umfassenden Demokratiebildungskonzepts in hoher Qualität und möglichst flächendeckend zu implementieren, ist eine möglichst umfassende Beteiligung der schulischen Akteure anzustreben.

Hier finden Sie exemplarisch Aspekte, die in den Handlungsfeldern der Demokratiebildung verzahnt entwickelt werden können:

Unterricht: Projektorientierung, offene Lernarrangements, selbstgesteuertes Lernen, Reflexion von Lernprozessen, Schülerinnen und Schüler als Experten, Feedbackkultur, fächerübergreifendes Lernen

Schulleben/Schulkultur: Gremien, Schulparlament, Klassenrat, Streitkultur, Umgang/Miteinander, Atmosphäre, Sichtbarkeit partizipativer Haltung

Außerschulisches: Nahraumprinzip, Selbstwirksamkeit erfahren, Realitätsbegegnung, partizipative Planung, unterrichtliche Anbindung

Illustration Partizipative Schulentwicklung Handlungsfelder der Demokratiebildung

Wege partizipativer Schulentwicklung

Schulentwicklungsprozesse zu initiieren und erwünschte Wirkungen zu erzielen, ist kein einfaches Geschäft. Konzepte aus der Organisationsentwicklung können dabei helfen, sinnvolle Strategien zu entwickeln. Exemplarisch werden die Ideen zweier Organisationsentwickler vorgestellt:

Otto Scharmer mit der ‚Theorie U‘ und Simon Sinek mit dem ‚Golden Circle‘.

Otto Scharmer vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT, Boston) entwickelte die Theorie U, die von der Erkenntnis ausgeht, dass die Wirksamkeit des Handelns am stärksten durch 

  • die innere Einstellung der Handelnden und 
  • die Orientierung auf die Zukunft 

beeinflusst ist.

Seine Strategie, dieses innere Wissens gezielt zugänglich und „zukunftsfähig“ zu machen, ist die Theorie U, deren Inhalt Transformationsprozesse entlang eines U-förmigen Verlaufs beschreibt und begleitet und in konkrete Handlungsoptionen mündet. 

Hier finden Sie ein aussagekräftiges Interview zur Theorie U: https://www.neuenarrative.de/magazin/theorie-u-und-der-blinde-fleck-von-fuhrung/

Simon Sinek entwickelte ein einfaches Strategiemodell der Organisationsentwicklung: den Golden Circle. Drei einfache Fragen leiten hier durch erfolgreiche Prozesse: WHY?, HOW? und WHAT? Sineks Modell lässt sich in unterschiedlichsten Kontexten anwenden, von Zielsetzungen langfristiger Schulentwicklungsprozesse, über Reflexionsimpulse zum Führungshandeln bis zur Projektplanung und dem Abhalten von Meetings.

Schulentwicklung partizipativ gestalten

Wir sind es häufig gewohnt, Prozesse über die Fragen ‚Was‘ und ‚Wie‘ zu steuern: Was müssen wir verändern, umsetzen, wie setzen wir es um/organisieren es?

Aber nach Sinek hat Martin Luther King die Menschen nicht mit dem Satz: „I have a plan“ bewegt, sondern mit „I have a dream“.

Sinek und Scharmer zufolge fehlt hier die Auseinandersetzung mit der inneren Überzeugung, dem höheren Sinn. Deshalb steht im Golden Circle im Zentrum und zu Beginn einer jeden Überlegung, Planung oder Reflexion das ‚Why‘.

Die Frage nach dem ‚Warum‘ stellt dabei die ureigenste Motivation dar und definiert den höheren Sinn eines Prozesses. Das ‚Why‘ im Zentrum gibt Orientierung, bezieht sich im Kontext Schule auf die gelingende Zukunft schulischer Entwicklung für Ihre Schülerinnen und Schüler, ist innerer Antrieb, Motivation und inspiriert.

Das ‚How' beschreibt die Überlegungen oder Strategien, um dieses höhere Ziel zu erreichen. Hier werden dazu strategische Eckpfeiler, gelebte Werte, Ziele oder Kompetenzen festgehalten.

Das ‚What‘ umfasst die konkret fassbaren Arbeitsergebnisse. Im Kontext dieses Webportals z. B. Bausteine oder Methoden, die helfen, das Ziel nachhaltiger Demokratiebildung zu verwirklichen. Es stellt das sichtbare und greifbare Ergebnis des Handelns dar – das, was die Schülerinnen und Schüler, Eltern und das Team schließlich erleben oder erfahren.