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Außerschulische Lernorte

Zwei Schüler nehmen ein Porträt mit der Handykamera auf
Zitat:
Außerschulisches Lernen findet immer dann statt, wenn sich Schüler außerhalb des Schulgebäudes oder außerhalb des schulischen Rahmens mit einem originalen Lerngegenstand unter gezielter pädagogischer Anleitung auseinandersetzen
Zitiert nach: Sauerborn, Petra/Brühne, Thomas (2014): Didaktik des Außerschulischen Lernens. Schneider Hohengehren. Baltmannsweiler; Studtmann, Katharina (2018): Außerschulisches Lernen im Politikunterricht. Wochenschau Verlag. Schwalbach/Ts.

Außerschulische Lernorte

Auf eine einheitliche Definition zu dem Begriff „Außerschulischer Lernort“ hat man sich bisher weder in der Allgemeindidaktik noch in der Fachdidaktik geeinigt (vgl. Studtmann 2017, S. 10). Vielmehr gibt es eine Vielfalt von Begriffen (Unterrichtsgang, Besichtigung, Sozialstudie etc.), die sich v.a. in ihrer Komplexität und ihrem Anspruch unterscheiden (vgl. ebd.; Detjen 2013, S. 364ff.).

Für die historisch-politische Bildung hat das außerschulische Lernen eine besondere Bedeutung, da Schülerinnen und Schüler durch die unmittelbare Begegnung mit geschichtlichen Spuren oder Akteurinnen und Akteure des politischen Lebens Orientierungswissen erwerben können, das ihnen helfen kann, ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft zukünftig auszufüllen.

Der Besuch außerschulischer Lernorte eröffnet Lehrkräften die Möglichkeit, vertraute unterrichtliche Strukturen durch neue Lernimpulse zu erweitern.

Planung

Bei konkreten Planungen ist es im Vorfeld notwendig, sich der Interessen und dem Leistungsspektrum der Schülerinnen und Schüler zu vergewissern, um einen geeigneten Lernort auszuwählen. Die Passung von unterrichtlichem Lerninhalt, Angebot des außerschulischen Lernortes und der Zugänglichkeit für Lernende bildet die Grundlage für die Bereicherung des Unterrichts (vgl. inklusive Lerngruppen).

Leitend für die Planung des Besuchs eines außerschulischen Lernortes ist, dass die dort angebotenen Lernmöglichkeiten mit Vorhaben des Unterrichts korrespondieren. Die Besuche müssen also dem Unterricht entspringen bzw. in den Unterricht zurückfließen. So entsteht die erwünschte Nachhaltigkeit des Lernens. Diese Nachhaltigkeit wird auf schulischer Ebene durch langfristige Planungen und Verstetigungen, Implementierungen im Schulprogramm und Sichtbarkeit im Schulleben wirksam.

Erkundung

Im Folgenden wird sich auf Detjen bezogen, der den Begriff der Erkundung nutzt: „Erkundungen finden an außerschulischen Lernorten statt. Neben dem pragmatischen Gesichtspunkt der Erreichbarkeit gibt es einige didaktische Kriterien für die Auswahl von Lernorten. Auch wenn diese Kriterien nicht bruchlos zusammenpassen und daher in der Regel nicht ausnahmslos erfüllt werden dürften, liefern sie doch Anhaltspunkte für die Wahl eines Erkundungsortes“ (ebd. S. 368).

Vgl. Detjen, Joachim (2013): Politische Bildung. Geschichte und Gegenwart in Deutschland. 2., aktual. und erw. Auflage. Oldenbourg-Verlag. München.

Ein geeigneter außerschulischer Lernort zeichnet sich dadurch aus, dass möglichst viele der folgenden Qualitätskriterien erfüllt werden:

  • Ein Bildungskonzept mit didaktischer und methodischer Umsetzung liegt vor.
  • Gestaltete Lernarrangements, die situiert unmittelbare Begegnungen schaffen und Primärerfahrungen ermöglichen.
  • Legitimierung durch wissenschaftliche Fundierung.
  • Beschäftigung von geschultem Personal.
  • Interaktion und/oder eigenes Handeln wird angeregt und unterrichtliche Kompetenzen, insbesondere Urteils- und Handlungskompetenz, wird gefördert.
  • Möglichkeiten zur Vor- und Nachbereitung der Exkursion werden geboten.
  • Umfassende Beratung von Gruppen vor der Exkursion und zur Nachbereitung des Vorhabens.
  • Die Qualität des Personals wird durch kontinuierliche, verbindliche Schulungs- und Entwicklungsmaßnahmen und deren Dokumentation sichergestellt.
  • Verpflichtung zur Evaluation/Selbstevaluation.
  • Einforderung von Kontroversen.
  • Anregung der historischen Fragekompetenz durch originale Begegnungen, die Multiperspektivität und Kontroversität bieten.
  • Ermöglicht historisches Lernen durch Anknüpfung an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler durch Einbeziehung von schul-, lokal- und regionalgeschichtlichen sowie politischen Aspekten.
  • Herausforderung der Schülerinnen und Schüler zum Überdenken ihrer Vorstellungen, Konzepte sowie Werte und anschließendem Abgleich mit der Realität.

Vgl. Ausschuss im didacta Verband der Bildungswissenschaft (o.J.) : Außerschulisches Lernen.

Gruppen von Lernorten der schulischen historisch-politischen Bildung

Lernorte aus dem Bereich Politik und Verwaltung: Landratsamt, Rathaus, Gerichte, sonstige Behörden (Polizei, Bundeswehr, Zoll, Bundespolizei, lokale Gliederungen von Parteien und Interessenverbänden, Archive.

Lernorte aus dem Bereich Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur: Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Kindergärten, Krankenhaus, Mülldeponie, Wasserwerk, Klärwerk, öffentliche Gewässer (Bäche, Flüsse, Kanäle), öffentlicher Personennahverkehr (Bus, Bahn), Straßen, Radwege, Einrichtungen der Katastrophenabwehr (Feuerwehr, Technisches Hilfswerk).

Lernorte aus dem Bereich Wirtschaft und Gesellschaft: Industrie- und Handwerksbetriebe, Geschäfte, Kreditinstitute, Märkte, Genossenschaften, Kammern (Industrie und Handel, Handwerk), Vereine, Kirchengemeinden, bürgerschaftliche Organisationen (Selbsthilfegruppen, karitative Vereinigungen, Bürgerinitiativen, Stadtteilinitiativen).

Lernorte im Bereich Kultur, Medien und Freizeit: Museen, Theater, Denkmäler, Rundfunk, Zeitungsredaktionen, Sportstätten.

Lernorte im Bereich des Erinnerns („Orte der Erinnerung“): Denkmäler, Gedenkstätten, (Film-)Museen, Kirchen, Rathäuser, Archive.

Beispiel für die Durchführung eines Museumsbesuch in Verantwortung der Schülerschaft

Fragen:

  • Habt ihr über das Museum schon etwas erfahren, aus den Medien oder von Freunden?
  • Welches Museum habt ihr schon einmal besucht?
  • Was hat euch (nicht) gefallen?
  • Wie müsste ein Museum gestaltet sein, damit es Jugendliche anspricht?

Fragen:

  • Wann soll die Exkursion stattfinden?
  • Wie lange soll sie dauern?
  • Über welche Angebote verfügt das Museum, speziell für Schulklassen?
  • Erkundigt euch über Öffnungszeiten und Eintrittspreise, Verkehrsverbindungen, Verpflegungsmöglichkeiten.
  • Mit welchem Thema bzw. welchen Themen wollt ihr euch in dem Museum beschäftigen?
  • Wollt ihr an einer Führung oder/und an einem Projekt teilnehmen?
  • Wie wollt ihr ggf. die Ergebnisse eines Projektes präsentieren?
  • Welches Vorwissen ist notwendig?
  • Bereitet Fragen vor, die ihr im Museum stellen wollt?
  • Wer ist euer Ansprechpartner im Museum?
  • Besitzt das Museum Informationsflyer?
  • Welche Informationen sollten schon während der Führung notiert werden?
  • Gibt es die Möglichkeit, die Exponate zu fotografieren?
  • Wie viel Gruppen wollt ihr für das Projekt bilden?
  • Wo präsentiert ihr eure Ergebnisse, im Museum oder anschließend in der Schule?
  • Wie wollt ihr eure Ergebnisse dokumentieren, z.B. Wandzeitung, Schülerzeitung oder Internet?
  • Was habt ihr gelernt?
  • Wie fandet ihr das Museum, z. B. räumliche Gestaltung, Präsentation der Exponate, Angebot neuer Medien?
  • Hat er eure Erwartungen erfüllt?

Rauh, Robert (2018): Geschichte kompetent unterrichten. Wie sich Kompetenzorientierung im Geschichtsunterricht umsetzen lässt. Wochenschau Verlag. Schwalbach/Ts. S. 98.

Beispiel einer Checkliste zum Gedenkstättenbesuch für Lehrkräfte

Didaktische Verortung

  • An welchem didaktischen Ort der Unterrichtseinheit soll der Gedenkstättenbesuch geplant werden?
  • Welches pädagogische Ziel soll mit dem Gedenkstättenbesuch erreicht werden?

Über welche Erfahrungen verfügen die Kolleginnen und Kollegen?
Kontaktaufnahme

  • Wer sind die Ansprechpersonen in der Gedenkstätte?
  • Welche Angebote für Schulklassen und -kurse gibt es?
  • Welche Gesprächsmöglichkeiten gibt es vor Ort?
  • Gibt es Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die über ihre Erlebnisse berichten können? Und wie erreiche ich sie?

organisatorische Vorbereitung

  • Wie viel Zeit steht vor Ort zur Verfügung?
  • Wie ist die Gedenkstätte erreichbar?
  • Wie weit im Voraus muss die Exkursion in der Gedenkstätte und bei der Schulleitung angemeldet werden?

inhaltliche Vorbereitung

  • Sollen die Schülerinnen und Schüler an einer Führung oder einem Projekt teilnehmen?
  • Gibt es vorbereitende Unterlagen (Arbeitsmaterialien, Infoflyer) der Gedenkstätte?
  • Welches Vorwissen besitzen die Schülerinnen und Schüler?
  • Welche Kenntnisse sollten den Schülerinnen und Schülern vor dem Besuch noch vermittelt werden, ggf. durch Referate?
  • Wie können die Interessen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden?
  • Wie können die Schülerinnen und Schüler in die Vorbereitungen einbezogen werden?

Austausch

  • Gibt es im Anschluss die Möglichkeit für einen gedanklichen Austausch über den Gedenkstättenbesuch, z. B. Welche Reaktionen auf den Besuch haben die Schülerinnen und Schüler bei sich und anderen feststellen können?
  • Steht ausreichend Zeit für den Austausch zur Verfügung?

Dokumentation

  • In welcher Weise kann der Besuch bzw. die Ergebnisse des Besuches dokumentiert bzw. veröffentlicht werden?

Reflexion

  • In welchem Rahmen bietet sich eine kritische Reflexion des Gedenkstättenbesuches zu folgenden Fragen an: Wie versucht die Gedenkstätte, die Erinnerung wachzuhalten? Gelingt ihr das? Wie kann Gedenken heute aussehen? Brauchen wir heute noch Gedenkstätten?

Rauh, Robert (2018): Geschichte kompetent unterrichten. Wie sich Kompetenzorientierung im Geschichtsunterricht umsetzen lässt. Wochenschau Verlag. Schwalbach/Ts. S. 100.

Außerschulisches Lernen – Möglichkeiten der methodischen Umsetzung

Die methodischen Zugriffe, die für den Besuch außerschulischer Lernorte gewählt werden, müssen in den Phasen der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung („Didaktischer Dreischritt“, Sauerborn/Brühne) verankert werden, um nachhaltiges Lernen zu ermöglichen.

Neben den traditionell angebotenen, i.d.R. schriftlich zu bearbeitenden Formaten, wie Rallye, Fragenkatalogen oder Quiz, bieten sich auch folgende Methoden an, die auch den Einsatz digitaler Geräte fordert:

  • einen Audio-Guide erstellen
  • eine Fotodokumentation anlegen
  • ein „Interview“ mit einem Exponat führen
  • einen Biparcour durchführen oder selbst erstellen
  • ein Standbild entwickeln und fotografieren
  • Texte, Spielszenen, Songs verfassen, sprechen/singen und aufnehmen
  • Befragungen durchführen
  • Skizzen von Exponaten oder Örtlichkeiten anfertigen
  • einen Werbe-Flyer erstellen